Pfotenverletzung Das kleine 1x1 der Notfallversorgung

Herbstlaub raschelt unter den Füßen. Zarte Sonnenstrahlen wärmen den Tag und locken zu einem schönen Spaziergang. Der feuchte Wald riecht nach Leben und glücklich bellend jagt der tierische Begleiter über die Lichtung. Lebensfreude pur! Munteres Kläffen, peitschende Rute und fliegende Ohren. Plötzlich ein Jaulen – der beste Freund fiept und jammert, hebt die Pfote und humpelt mit leidendem Blick auf seinen menschlichen Beschützer zu… Was ist passiert?

 

Hunde sind Zehengänger, die sich auf die Pfotenballen und Krallen gestützt fortbewegen. Die dick verhornten Ballen tragen das Gewicht und unter der Hornschicht liegt ein Fettpolster, das die Stöße der Bewegung abfedert. Immer unter Belastung und in ständigem Bodenkontakt sind die Pfoten besonders sensibel für Verletzungen unterschiedlichster Ursachen.

 

Was kann passiert sein?

 

Ursachen
Hunde werden meist mit Krallenverletzung, Fremdkörper, Insektenstich oder Schnittverletzung in der tierärztlichen Praxis vorgestellt. Bei Katzen hingegen ist die Bissverletzung die am häufigsten festgestellte Pfotenverletzung. Schwierig zu diagnostizieren ist ein Weichteiltrauma, wie zum Beispiel eine Zerrung. Eine Fraktur als Ursache ist zum Glück sehr selten.

  • Krallen können abbrechen oder einreißen. Grundsätzlich kann jede Kralle betroffen sein. Mit der Daumenkralle oder einer Wolfskralle bleiben die Tiere jedoch besonders häufig hängen. Falls das Leben, also der durchblutete Anteil, ebenfalls beschädigt wird, blutet die Stelle. Eine weitere Verletzungsart ist das Ausschuhen der Kralle. Hierbei bricht das Krallenhorn nicht, sondern die Krallentüte löst sich vollständig ab. Das Leben bleibt unverletzt, aber ungeschützt zurück.
  • Fremdkörper
    Spitze Fremdkörper wie etwa ein Dorn oder ein Glassplitter können durch die verhornte Lederhaut des Ballens stoßen und sich im schmerzempfindlichen Weichgewebe darunter festsetzen. Im Sommer sind Grasgrannen blühender Gräser regelmäßig die Ursache für Zwischenzehenabszesse.
    Sie dringen in die weiche Haut zwischen zwei Zehen ein und verursachen eine Entzündung.
  • Insektenstich
    Tritt ein Hund auf eine Wespe, eine Biene oder eine Erdhummel, ist ein schmerzhafter Stich die unvermeidliche Folge. Häufig folgt eine allergische Schwellung der Pfote. Beim Stich einer Biene bleibt der Stachel in der Pfote stecken, während eine Wespe ihn wieder herauszieht. Der Stich einer Stechmücke, der Biss einer Zecke oder der Befall durch Herbstgrasmilben verursacht Juckreiz.
  • Schnittverletzung
    Der Tritt in Glasscherben lässt tiefe Schnitte mit klaffenden Wunden zurück. Schmerz und Funktionsverlust der Pfote, aber auch die Gefahr einer Infektion sind die Folge. Zudem kann es zu starken Spritzblutungen kommen, falls eine Arterie verletzt wird. Eine solche Pfotenverletzung kann aufgrund des hohen Blutverlustes unbehandelt lebensbedrohlich werden.
  • Bissverletzung
    Insbesondere bei der Katze sind Beißereien mit Artgenossen häufig. Gerade die Pfote ist aufgrund von Abwehrbewegungen oder durch Angriff per Krallenschlag besonders gefährdet, die Zähne des Gegenübers zu spüren. Die kleinen Wunden schließen sich zwar schnell, entzünden sich jedoch häufig durch die eingedrungenen Bakterien und werden als Abszess in der Praxis vorstellig.
  • Weichteiltrauma
    Auch Hunde können sich vertreten und dadurch eine schmerzhafte Überdehnung zuziehen.
    Ein unglücklicher Sprung oder der Tritt in ein Loch im Waldboden beendet so manchen Spaziergang mit dem Humpeln auf drei Beinen und einer unangenehmen Zerrung. Steht eine einzelne Zehe nach oben, so ist die Beugesehne gerissen, während die Strecksehne noch intakt ist und so zu einer Überstreckung der Zehe führt.
  • Fraktur des Krallenbeins
    Bei starker Krafteinwirkung oder durch einen sehr unglücklichen Zufall ist auch eine Fraktur, also ein Knochenbruch, möglich. Ursache hierfür sind zum Beispiel eine Baumwurzel, unter der die Hundepfote hängen geblieben ist, ein unbeabsichtigter Tritt auf die Pfote oder ein schwerer Gegenstand, der den Knochen getroffen hat.

 

Wie kann ich helfen? Erstversorgung

Regelmäßig werden humpelnde Vierbeiner im tierärztlichen Notdienst vorgestellt. Bei blutenden Schnittwunden ist dies unerlässlich und dringend anzuraten. Bei vielen anderen Pfotenverletzungen kann der Tierhalter jedoch selbst einen Großteil der Erstversorgung übernehmen.

1. Überblick verschaffen

Zunächst ist es wichtig, die Ruhe zu bewahren und die Situation einzuschätzen. Die wichtigste Frage in der Erstversorgung ist grundsätzlich, ob eine Verletzung akut lebensbedrohlich ist.

Zum Glück kann dies bei Pfotenverletzungen fast immer mit einem klaren Nein beantwortet werden. Treten jedoch starke Blutungen auf, sind diese immer die erste Priorität.

2. Blutung stoppen

Starke, pulsierende Blutungen entstehen, wenn eine Arterie verletzt ist. Dies ist die gefährlichste Form der Blutung. Ein strammer Verband ist die richtige Reaktion, denn der Druck wird die Blutung zügig reduzieren. Hierfür kann man notfalls auch einen Schal oder den Ärmel eines Oberteils verwenden. Nach dieser Erstversorgung sollte sofort ein Tierarzt für die Blutstillung und Wundversorgung aufgesucht werden.

3. Ursache lokalisieren

Wenn keine starke Blutung sichtbar ist, bleibt Zeit, nach der Ursache für den Schmerz des Tieres zu suchen. Mit einem Paar klagender Hundeaugen vor sich manchmal keine leichte Aufgabe.

Ist eine Kralle verletzt? Hat der Ballen eine Schürfwunde? Ist ein Fremdkörper sichtbar?

4. Lose Fremdkörper entfernen

Im Idealfall wird ein Bienenstachel sofort herausgezogen, um Abbrechen zu vermeiden. Auch bei Glassplittern oder Dornen, die noch nicht tief ins Gewebe eingedrungen sind, ist die zügige Entfernung hilfreich und reduziert den Schmerz. Tiefsitzende Fremdkörper hingegen sollten fachgerecht durch einen Tierarzt versorgt werden.

5. In ein sicheres Umfeld bringen

Ist vor Ort keine weitere Erstversorgung mehr möglich, dann sollte der Hund auf dem kürzesten Wege nach Hause gebracht werden. Im Falle einer starken Blutung oder einer klaffenden Wunde ist stattdessen eine Vorstellung beim Tierarzt nötig.

6. Reinigen

Bei kleinen Verletzungen wird die Pfote Zuhause mit klarem Wasser gereinigt und erneut auf Fremdkörper, Wunden oder Schwellungen geprüft. Nach der Reinigung kleiner Schürf- oder Schnittwunden ist eine Desinfektion sinnvoll. Schwellungen durch Insektenstiche können mittels Kühlung gelindert werden.

7. Lecken und Knabbern verhindern

Schmerzende oder juckende Stellen werden häufig benagt oder beleckt. Das Tier versucht das unangenehme Gefühl zu entfernen. Oft entstehen Ekzeme durch diese starke Manipulation des Gewebes oder bestehende Verletzungen werden noch vergrößert. Ein Verband, ein Socken als Schutz oder in hartnäckigen Fällen ein Halskragen, schaffen Abhilfe.

 

Was ist medizinisch nötig? Tierarztbesuch

  • Chirurgische Wundversorgung
    Bei manchen Pfotenverletzungen kann eine Sedation oder eine Kurznarkose nötig werden.
    Zum Beispiel müssen bei einer starken Blutung Gefäße abgebunden werden, um diese zuverlässig zu stoppen. Kleinere Gefäße werden verödet. Weiterhin sind klaffende Schnitte zu nähen oder zu klammern und auch tiefsitzende Fremdkörper müssen gelegentlich chirurgisch entfernt werden. Bei schmerzhaften Krallenverletzungen kann es nötig sein, lose Krallenanteile zu ziehen oder das eingerissene Horn zu kürzen. Blutende Krallen werden verödet.
  • Polsterverband
    Frische Verletzungen sind besonders druck-empfindlich, weshalb ein polsternder Verband stets sinnvoll ist. Der Verband dämpft, schützt vor Bodenkontakt und verhindert das Ablecken von lokalen Medikamenten ebenso wie das Belecken der verletzten Pfote selbst. Je nach Art der Wunde können desinfizierende, wundheilungsfördernde oder antibakteriell wirksame Salben, wie zum Beispiel Betaisadonna, Zinksalbe oder Manukahonig, angewandt werden. Bei tiefsitzenden Fremdkörpern lohnt ein Therapieversuch mit Verband und Zugsalbe.
  • Röntgendiagnostik
    Bei einem verdächtigen Tastbefund oder bei starker Lahmheit ohne optisch erkennbaren Grund wird zusätzlich ein Röntgenbild der Pfote angefertigt, um knöcherne Defekte auszuschließen. Im Falle einer Fraktur kann eine Operation nötig werden. Gegebenenfalls ist auch die Ruhigstellung der Gliedmaße, zum Beispiel mittels Karstverband, ausreichend.
  • Medikamente
    Je nach Art, Lokalisation, Verschmutzungsgrad und Tiefe der Verletzung kann der Tierarzt zusätzlich Medikamente wie Entzündungshemmer, Schmerzmittel oder ein Antibiotikum verordnen. Bei stark juckenden und geschwollenen Insektenstichen wird Cortison oder ein Antiallergikum eingesetzt.

 

Worauf nach der Behandlung achten? Nachsorge

1. Vor Manipulation schützen

Ständige Manipulation verhindert ein Abheilen. Zudem können Keime in Wunden eindringen und diese infizieren. Darum ist es essentiell, auch nach Erstversorgung und Behandlung, die Pfote stets vor Belecken und Benagen des Vierbeiners zu schützen. Kurzfristig ist ein Verband sinnvoll. Ist der akute Schmerz abgeklungen, empfiehlt sich längerfristig ein Socken als Schutz.

Hierbei ist die Pfote deutlich besser belüftet. Für den Gassi-Gang kann ein Hundeschuh wertvolle Dienste leisten. Er schützt die verletzte Pfote vor Nässe, Abrieb und Bodenkontakt.

2. Verfrühte Nutzung der Pfote
verhindern

Schmerz ist ein Schutzsignal des Körpers, das eine Entlastung der betroffenen Glied-
maße bewirkt. Humpeln ist die natürliche Reaktion, um die verletzte Pfote zu schonen.

Selbstverständlich soll ihr tierischer Begleiter keinen Schmerz erleiden, sodass der Tierarzt bei Bedarf Entzündungshemmer und Schmerzmittel verabreichen wird. Allerdings möchte der Patient, ohne diesen Schmerzreiz, die Pfote deutlich früher belasten als dies gesundheitlich förderlich ist. Unterstützen Sie Ihren Vierbeiner, indem Sie seinen Bewegungsdrang bremsen.

3. Regelmäßige Wundpflege

Muss das Tier einen Verband tragen, entsteht durch das Schwitzen darunter häufig Feuchtigkeit. Regelmäßiger Verbandswechsel sowie die Reinigung der Pfote ist wichtig, um die Ansiedlung von Keimen zu verhindern. Ohne Verband steigt die Gefahr einer bakteriellen Infektion durch Bodenkontakt, sodass auch hier die regelmäßige Kontrolle und Reinigung der Pfote wichtig bleibt. Die Reinigung sollte mit klarem Wasser oder milden Desinfektionsmitteln erfolgen. Je nach Art und Größe der Verletzung können auch Badebehandlungen der Pfote oder der Einsatz von Salben förderlich sein. Für geeignete Desinfektionslösungen und Medikamente fragen Sie bitte Ihren Tierarzt.

4. Belastung reduzieren

Insbesondere bei Verletzungen der Pfotenballen kann die Heilung sehr langwierig werden. Die ständige Gewichtsbelastung verhindert das zeitnahe Adaptieren der Wundränder. Umso wichtiger ist es, die Belastung auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Springen vermeiden, kurze Gassi-Gänge und Leinenpflicht unterstützen den Heilungsprozess.

 

Uschi Siebler
Tierarztpraxis an der ILL
www.tierarzt-illingen.de

 

kurzgefasst

Typische Pfotenverletzungen sind:

  • Eingerissene oder ausgeschuhte Krallen
  • Fremdkörper im Pfotenballen
  • Insektenstich
  • Schnittverletzung
  • Bissverletzung
  • Weichteiltrauma
  • Fraktur

Richtig reagieren für eine schnelle Heilung:

  • Blutung stoppen
  • Fremdkörper entfernen
  • Reinigen
  • Leckschutz
  • Tierarztbesuch
  • Regelmäßige Wundpflege
  • Belastung reduzieren

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